Am ersten Tag der ersten Session nach den Wahlen haben die Bauern schon mal eine Duftmarke gesetzt: Als erste Organisation luden sie am Montag 4. Dezember, die Bundesratskandidaten zum Hearing. Bald zeigte sich: Beat Jans ist bei der Agrarlobby am besten angekommen. Er wurde zehn Tage später von der Vereinigten Bundesversammlung gewählt.
Die politische Macht der landwirtschaftsnahen Parlamentarier zeigte sich in den letzten drei Wochen auch bei der Beratung des Budgets - das vom Bundesrat angestrebte Sparziel bei den Direktzahlungen wurde abgeschmettert. Es gab noch mehr solche Erfolge, die den Ruf von Markus Ritter zementiert haben: Der Mitte-Nationalrat und Bauernpräsident gilt als einer der einflussreichsten Parlamentarier.
Mit den Wahlen ist seine Macht sogar noch gewachsen. Mit der Wirtschaft ging er die Allianz «Perspektive Schweiz» ein, die Linken reden von der «Geld-und-Gülle-Allianz». Profitiert haben die Bauern: Neu sitzen gemäss einer Zählung des Schweizer Fernsehens 20 statt 12 Landwirte im Rat, der Kreis der landwirtschaftsnahen Volksvertreter wuchs von 20 auf 30.
Natürlich sind die Interessen zwischen Wirtschaft und Bauern nicht immer deckungsgleich. Das Gleiche gilt für die Interessen der Agrarindustrie und der Bauern. Doch Markus Ritter schafft es meisterhaft, Differenzen zu überspielen - die es aber durchaus gibt. So kassierte Ritter zwei Tage vor der Bundesratswahl eine empfindliche Niederlage, die bis jetzt weitgehend unbemerkt blieb. Sie zeigt: Auch die Bauernallianz lässt sich spalten.
Es geht um den Getreidestreit: Der Nationalrat versenkte gegen den Willen von Bauernpräsident Ritter knapp eine Motion des ehemaligen Aargauer SVP-Ständerats und Mühlenbesitzers Hansjörg Knecht. Seit 1959 gab es Zollerleichterungen für Weizen, wenn daraus mindestens 55 Prozent Mehl gewonnen und zu Stärke verarbeitet wurden. Der Rest wurde zu Backmehl verarbeitet - und konkurrenzierte damit den einheimischen Weizen.
Weil es inzwischen technisch möglich ist, aus Weizen mehr Stärke zu gewinnen, legte der Bundesrat die Ausbeutenorm neu bei 75 Prozent fest - damit weniger praktisch zollfreies Backmehl auf den Schweizer Markt kommt. Dagegen wehrte sich Knecht mit einer Motion, überzeugte den Ständerat - doch nun sagte der Nationalrat Nein.
Die Gegner argumentierten, es handle sich um versteckte Subventionen für Grossmühlen, die über das Zollgesetz realisiert werden. Zwei Unternehmen beherrschen 80 Prozent des Getreidemehl-Marktes. Ausschlaggebend waren Nein-Stimmen und Enthaltungen aus dem bäuerlichen Lager.
Der Berner SVP-Nationalrat Hans Jörg Rüegsegger etwa enthielt sich aus Höflichkeit, weil er neu ist und die Motion von einem Parteikollegen stammte. Im Gespräch macht er jedoch deutlich, dass er nichts von der offiziellen Position des Bauernverbandes hielt. Denn in der Schweiz wird genug Getreide produziert; wobei jeder Getreideproduzent einen Vertrag mit einem Abnehmer hat.
Im November wurde bekannt, dass 10'000 Tonnen Brotweizen zu Futterweizen abklassiert werden müssen - weil es ein Überangebot gibt. Dennoch machte sich der Bauernverband dafür stark, dass wieder mehr praktisch zollfreies Backmehl auf den Markt kommt. Ritter argumentierte, es sei wichtig, die Stärkeproduktion in der Schweiz und auch Arbeitsplätze zu erhalten.
Rüegsegger, der selbst Getreide produziert, fühlt sich von seinem Verband der Getreideproduzenten schlecht vertreten. In dessen Vorstand wiederum sitzen mit Fritz Glauser und Nationalrat Alois Huber (SVP/AG) zwei Vizepräsidenten des Schweizerischen Bauernverbandes.
Ironie der Geschichte: Als Getreideproduzent muss Rüegsegger eine Zwangsabgabe an den Verband der Getreideproduzenten entrichten, der seine Interessen nicht vertritt. Wie erklärte er sich die Position seiner Verbände? «Es geht um alte Seilschaften», sagt Rüegsegger. Gegen die Zwangsabgaben will der SVP-Nationalrat nun ankämpfen. Der Getreideknatsch sei der Anfang einer grösseren Geschichte. Die grosse Frage ist: Wer vertritt die echten Interessen der Bauern? Affaire à suivre. (aargauerzeitung.ch)
Sicher nicht die Parlamentarier der angeblichen „Bauernallianz“. Das sind Vertreter grosser Konzerne, Monopolbetriebe, Dünherhersteller, etc.
Echte Bauern würden mehr von der Politik der Grünen profitieren - aber das keiner laut sagen, weil sie in den Zwangsverträgen der Abnehmer feststecken.